Codename Tesseract - von Tom Wood
Victor ist ein eiskalter Profikiller.
Er ist gründlich,
zuverlässig und äußerst penibel. Dass er dabei ein kleines bisschen zur
Paranoia neigt, ist bei seiner Berufswahl wohl verständlich. Genau diese
Paranoia rettet ihm jedoch den Hals als er nach einem seiner leichteren Jobs in
Paris von einem Tötungskommando empfangen wird. Er muss sein ganzes taktisches
Geschick anwenden, um dem Tod zu entgehen und eine Frage bleibt. Wer hat das
Killerkommando beauftragt? Wer trachtet ausgerechnet einem Auftragskiller nach
dem Leben?
Dass man packende Action erwarten kann, verraten schon die
ersten Seiten und der Leser wird nicht enttäuscht. Im Laufe des wilden Katz-und-Maus-Spiels
muss Victor sein gesamtes Können und seine Zähigkeit unter Beweis stellen und
kommt dabei ungewollt einer Verschwörung auf die Spur, die ihn nur dichter ins
Fadenkreuz rückt. Seine Flucht (oder Jagd?) führt uns quer durch die Welt und
an die unterschiedlichsten Schauplätze – die jedoch allesamt sehr erdrückend,
geradezu eng wirken. Man fühlt sich mit Victor gleichermaßen in die Enge
getrieben und erwischt sich nicht selten beim Erleichterten aufatmen, wenn der
Autor einen doch mal an einem halbwegs angenehmen Ort zur Ruhe kommen lässt –
um gleich darauf wieder Fenster mit Kugeln zu sprengen.
Die Kapitel sind sehr kurz und mit Orts- und Personenwechsel
verbunden. Selbst innerhalb eines Kapitels kommt es vor, dass der personelle Erzähler zu einem anderen
Charakter springt. Nicht nur die Orte, auch die Charaktere haben allesamt etwas
Schmutziges oder wenigstens Schäbiges an sich. Alle sind sie beschriebene
Blätter und obwohl man durch die erwähnten Perspektivwechsel einen guten Rundumeindruck
der Personen erhält, kommt man doch nicht umhin, für die meisten eine gewisse
Abneigung zu hegen. Hier hasst jeder jeden und jede Konversation ist ein Machtkampf,
in dem es gilt, seine Dominanz zu zeigen oder sein Gegenüber zu überlisten, bis
es einem in die offenen Hände spielt. Jeder hält sich für schlauer als alle
anderen – und wer es nicht ist, der verliert (sein Leben…)
Um es mal auf den Punkt zu bringen, das Buch ist ein echter Schusswaffenporno.
Die Waffen werden akribisch bis ins Detail beschrieben und dass man sie in
voller Aktion erlebt, muss ich wohl nicht extra erwähnen. Es gibt
Verfolgungsjagden, es wird viel herumgereist und Knochen brechen wie
Streichhölzer, eben all das, was man von einem actionlastigen Thriller erwarten
kann.
Schwächen hat Victor praktisch keine. Selbst seine Paranoia
rettet ihm viel öfter das Leben als sie ihm in irgendeiner Weise hinderlich
wird. Er ist nicht gerade ein geselliger Typ, versteht sich. Victor kann
mühelos mit Koryphäen wie Jason Bourne mithalten und obwohl ich zu Anfang des
Buches stark daran gezweifelt habe, in denen er schlicht die Badassversion von Superman
verkörpert hat, dem so ziemlich alles gelungen ist, was er angepackt hat, konnte
er doch im Laufe des Buches meine Sympathie für sich gewinnen. Ich weiß
allerdings nicht, ob das mit seiner charakterlichen Entwicklung zu tun hat oder
schlicht, weil er mir nach allem, was ich mit ihm Durchstehen musste, ans Herz
gewachsen ist. Das Buch ist durch und ich weiß immer noch nicht viel mehr über seine
Vergangenheit als in den ersten drei Seiten. Vielleicht ändert sich das in den
nächsten zwei Büchern?
Ich gebe dem Buch eine Bewertung von 8/10.
Obwohl es mich selbst nicht ganz so packen konnte, sichern
seine solide Geschichte, der knackige Schreibstil und die Atmosphäre ihm die
hohen Punkte. Die Manöver sind wahnsinnig kreativ und auch der Verlauf der Kämpfe
lässt an Klarheit und Weitsicht nichts zu wünschen übrig. Mir persönlich fehlte
aber das gewisse Etwas.
Mir waren es zu viele Charaktersprünge, um mich
wirklich intensiv einzufühlen und ich war jedes Mal erleichtert, wenn ich
endlich wieder ein Victor-Kapitel erreicht hatte. Da auch wirklich alle
irgendwie Misanthropen waren und die Schauplätze einer heruntergekommener und
schmutziger als der andere, habe ich mich irgendwann ein wenig erdrückt gefühlt
– auch wenn ich denke, dass genau das beabsichtigt war.
Vielleicht hätte ein bisschen mehr Humor nicht schaden
können, um dem Leser hin und wieder eine kleine Verschnaufpause von all dem
Menschenhass zu geben. Vielleicht war auch Victor diese Verschnaufpause.
Das Cover gefällt mir außerordentlich gut. Ich mag die Idee
mit den Einschusslöchern und die ganze Aufmachung ist nicht nur ein Hingucker,
sondern spiegelt sich auch treffend im Roman wieder.
Jedem Actionthriller-Fan rate ich dringend zu diesem Buch.
Wer aber ein eher sanftes Gemüt hat oder Waffen und Auftragskillern nicht
abgewinnen kann, sollte einen weiten Bogen darum machen. Es ist genau das, was
es sein soll und nicht mehr:
Ein Actionstreifen in Buchform – mit einem
außerordentlich begnadeten Killer.
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